Mit dem 9. April tritt also das pésta démokrasi (wie dieser Artikel erklärt, scheint dieser Begriff unter Suharto aufgekommen zu sein), dessen Vorbereitungen schon seit Monaten auf Hochtouren laufen, in seine erste heiße Phase. Heute wurden die beiden Kammern des nationalen Parlaments gewählt, das DPR (Déwan Perwakilan Rakyat) und das DPD (Déwan Perwakilan Daérah).
- das DPR ist das Unterhaus und besteht aus 560 Abgeordneten, die entsprechend dem Stimmengewicht der einzelnen Parteien vergeben werden. Es besteht eine 2,5%-Hürde. Insgesamt bewerben sich 11.000 Kandidaten.
- das DPD ist ein Oberhaus mit eingeschränkter Kompetenz und hat 132 Sitze, für jede Provinz vier. Hier gibt es relativ wenige Kandidaten, nur etwa 1.100.
- Gleichzeitig finden dann noch die Wahlen zum DPRD Provinsi (Déwan Perwakilan Rakyat Daérah Provinsi) statt, also zu den Provinzparlamenten, hier wird es für die knapp 2.000 Sitze 112.000 Kandidaten geben. Außerdem werden noch die Stadträte der bezirksfreien Städte, auch DPRD Kota genannt (Déwan Perwakilan Rakyat Daérah Kota), bestimmt, hierbei gibt es fast 1,5 Millionen Kandidaten auf 15.570 Sitze. Nicht zur Wahl standen diesmal die DPRD Kabupaten, die Bezirksparlamente, ansonsten wäre logistisch wohl gar nichts mehr gegangen…
Die Wahl zum DPR ist auch von Bedeutung, da für die dann folgenden Präsidentschaftswahlen die Kandidaten die Unterstützung von mindestens 25% der Abgeordneten im Parlament haben müssen. Bei der letzten Wahl 2004 hatte keine der Parteien aus eigener Kraft so viele Sitze erreichen können, so daß sich Wahlkoalitionen gebildet hatten. Daher erklärt sich auch, daß der 2004 siegreiche Susilo Bambang Yudhoyono (SBY) von der kleinen Partai Demokrat zusammen mit Yusuf Kalla von der viel größeren Golkar als Vizepräsidentschaftskandidat ins Rennen ging. Nach der Wahl zum Parlament im April ist es drei Monate dann soweit: Am 8. Juli wird dann der Präsident direkt vom Volk gewählt, wobeies zu einer Stichwahl am 8. September kommen könnte, falls die folgende Bedingungen (laut Wikipedia) nicht erfüllt sein sollten:
Pasangan calon Presiden dan Wakil Presiden yang mendapatkan suara lebih dari 50% dari jumlah suara dalam pemilihan umum dengan sedikitnya 20% suara di setiap provinsi yang tersebar di lebih dari setengah jumlah provinsi di Indonesia, dilantik menjadi Presiden dan Wakil Presiden.
(pasangan: Paar, tersebar: verteilt, verstreut, melantik: installieren, inaugurieren)
Ich hatte in einem früheren Beitrag die Namen verschiedener indonesischer Parteien aufgelistet, hier möchte ich kurz die Zusammensetzung des jetzigen Parlaments wiedergeben, das sich ja jetzt ändern wird:
Die Regierung wird wie oben erwähnt zur Zeit gestellt von einer Golkar-PD-Koalition.
Im Vorfeld hatte es Befürchtungen wegen möglicher Manipulation der Wählerlisten gegeben (s. diesen Artikel), auch weil diesmal das Wahlrecht geändert worden ist, daß die Wähler die Möglichkeit haben, nicht nur für eine Wahlliste einer Partei zu wählen, sondern auch einzelne Kandidaten zu präferieren (vergleichbar dem auch in manchen deutschen Bundesländern üblichen Panaschierens). Ich habe bis jetzt keine schöne graphische Darstellung des ganzen finden können, aber hier gibt es eine Darstellung, die zeigt, daß man den Haken (tanda céntang genannt) entweder bei der Parteiliste oder bei den einzelnen Kandidaten setzen kann. Dort gibt es zudem eine schöne Abbildung, die beschreibt, wie ein Haken zu machen ist:
(ujung: Spitze, also hier der eigentliche Haken, acuan: Bezug(spunkt) )
Aber anscheinend werden auch andere Symbole akzeptiert, wie hier oder hier besprochen, wie z.B. Kreuz (silang, als Verb menyilang), und senkrechte Linien (garis datar).
Es war bei früheren Wahlen üblich gewesen, auf dem Wahlzettel seine Wahl durch ein Loch (eine Art „Durchstechen“) zu markieren, was mencoblos hieß. Das diesmal präferierte Häkchenmachen wird ja mencontreng genannt, weswegen das Wahlvolk auch immer wieder aufgerufen wurde: mencontreng, bukan mencoblos. Megawati Sukarnoputri von der PDI-P, wahrscheinliche Herausforderin von SBY, rief unlängst aber ihre Anhänger auf, nicht zu mencontreng, sondern zu mencoblos:
Ketua Umum Partai Demokrasi Indonesia Perjuangan Megawati Sukarnoputri mengajak seluruh simpatisannya mencoblos, bukan mencontreng dalam pemilihan umum legislatif 9 April mendatang. Calon presiden dari PDIP ini menilai mencontreng dalam memilih dapat membingungkan rakyat. Dan, bukan tak mungkin banyak suara menjadi tidak sah akibat banyak warga yang kebingungan. Seruan itu disampaikan Megawati belum lama ini saat berorasi di kantong suara terbesar PDIP, yakni Bali. Tepatnya di lapangan Kayu Bihi, Bangil.
(kantong suara terbesar: größte Stimmentasche, also so etwas wie die wichtigste Hochburg der PDIP. Zitiert von hier)
Noch ein paar Begriffserläuterungen:
- Abkürzungsmanie: pemilu und calég stehen für pemilihan umum bzw. calon législatif. Entsprechend gibt es auch pilprés und caprés, was für pemilihan présiden und calon présiden steht. Caprés kann auch umgangssprachlich zum Verb werden: nyaprés (s.a. hier).
- Beaufsichtigt wird die Wahl von der KPU, was für Komisi Pemilihan Umum steht. Es gibt diese auf zentraler, provinzieller und bezirklicher Ebene. Deren Website ist zur Zeit nicht erreichbar.
- Die Nichtwähler: golput, eine Abkürzung für golongan putih, „weiße Gruppe“. Siehe diesen Blogeintrag hier für eine weitere Erläuterung.
- Alternative Parteien und Kandidaten, die mit von der Politikverdrossenheit des Wahlvolkes profitieren wollen, verwenden auch gern den Ausdruck itu-itu saja „das sind ja alles nur die gleichen“
- tempat pemungutan suara bezeichnet ein Wahllokal, und pengumutan suara bezeichnet die Stimmenabgabe. (mem(p)ungut „(auf)sammeln, ernten; adoptieren“)
Noch drei Blogeinträge zum Thema vom 9. April 2009:
Update:
Dieses Video zeigt den Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono (PD), seinen Vizepräsidenten Yusuf Kalla (Golkar) und die wahrscheinliche Herausforderin Mégawati Sukarnoputri (PDIP) bei der Stimmenabgabe in ihren jeweiligen Heimatorten.
Die Stimmenauszählung soll bis zu einem Monat dauern, aber erste Hochrechnungen gibt es hier.