Die Umgangssprache des Indonesischen

Juni 3, 2009

Bei jeder „großen“ Sprache*) gibt es gewisse Unterschiede, wie sie im Alltag verwendet wird, und wie sie in offiziellen Situationen verwendet wird, in der Schule und Universität, in der Privatwirtschaft und in der Regierung. Ersteres wird von Kindern ganz natürlich erworben, und letzteres muß mühsam erlernt werden. Der Einfachkeit halber werde ich das eine als Umgangssprache bezeichnen und das andere als Standardsprache.

Auch beim Indonesischen gibt es diese Unterschiede, die sich in Aussprache, Grammatik und Wortschatz zeigen. Verkompliziert wird das Bild jedoch dadurch, daß es zwar auf der einen Seite eine kodifizierte Standardsprache gibt, das sogenannte Bahasa Indonésia yang baik dan benar „das gute und richtige Indonesisch“, dem aber viele verschiedene regionale Varianten der indonesischen Umgangssprache stehen, die zweifelslos auch von den zahlreichen Regionalsprachen beeinflußt sind. In diesem Beitrag zur Verbmorphologie z.B. können selbst für Jakarta zwei Varianten unterschieden werden, das sogenannte Jakarta-Indonesisch und das Betawi, die Umgangssprache der altansässigen Einwohner Jakartas, die prozentual heute nur noch einen verschwindend geringen Anteil darstellen.

Eines der Anliegen dieses Blog ist es, neben den verschiedenen Aspekten der Standardsprache auch die Umgangssprache zu behandeln, zumal diese häufig im Indonesisch-als-Fremdsprache-Unterricht vernachlässigt wird, Beiträge zum Thema Umgangssprache sind hier zun finden. Zudem erwähne ich  in der Bibliographie u.a. zwei Bücher zum Jakarta-Indonesischen, Indonesisch Slang von Bettina David, und Colloquial Jakarta Indonesian von Robert Sneddon. Auch Searching for structure – The problem of complementation in colloquial Indonesian conversation von Robert Englebretson hat ein einführendes Kapitel, das die Eigenheiten der Umgangssprache, hier basierend auf der Variante von Yogyakarta, bespricht.

Gerade Sneddons Werk ist eine recht ausführliche Beschreibung der grammatischen Eigenheiten der indonesischen Umgangssprache, so daß ich in unregelmäßigen Abständen hier eine Serie von Beiträgen verfassen möchte, die die verschiedenen Bereiche anspricht, die Sneddon in CJI behandelt. Die Serie wird den Titel „Notizen zur Umgangssprache“ tragen.

*) bei nicht verschriftlichten Sprachen von Minderheiten ist es häufig so, daß die offiziellen Funktionen von der Amtssprache des betreffenden Landes übernommen werden. In Indonesien ist das Bild komplizierter, denn neben der einzigen Amtssprache Indonesisch gibt es an die 800 Regionalsprachen. Viele von ihnen haben eine sehr kleine Sprecherzahl, aber Sprachen wie das Javanische, Sundanesische, aber auch das Balinesische, haben Millionen von Sprechern und auch eine schriftsprachliche Tradition. Diese Sprachen, allen voran die größte Sprache, Javanisch, üben auch einen ungeheuren Einfluß auf das Indonesische aus, was vor allem in der Alltagssprache  zu vielen Entlehnungen geführt hat.


sehr

März 16, 2008

Es gibt im Indonesischen mehrere Wörter, die als Intensifikatoren fungieren können, vergleichbar dem deutschen Wort „sehr“. Üblicherweise sind es Adjektive oder Adverbien, die intensiviert werden, aber auch gewisse (meist Emotions-)Verben wie „mögen, ärgern“ gehören dazu. Der Einfachkeit halber werde ich im folgenden jedoch von Adjektiven sprechen.

sekali (nachgestellt)

Abgeleitet von kali, ist dies ein häufig verwendetes Wort, das dem Adjektiv nachgestellt wird.

  • Banyak sekali orang yang berbelanja di pasar.
  • Saya marah dan merasa kecewa sekali.

sangat (vorangestellt, u.U. nachgestellt)
Dieses Wort ist recht formal und wird dem Adjekt vorangestellt. Das KII führt an, daß es auch nachgestellt möglich sei, jedoch ist die vorangestellte Variante laut google weitaus häufiger als die nachgestellte.

  • Ongkos administrasi sangat tinggi.
  • Saya sangat mengerti.

amat (vorangestellt, ugs. nachgestellt)

Genauso wird dieses Wort dem Adjektiv vorangestellt. In der populären Umgangssprache wird es auch nachgestellt, was dem ganzen jedoch einen starken umgangssprachlichen Anstrich verleiht.

  • Kau amat membencinya sejak itu?
  • Marah amat si Lina.

betul & benar (nachgestellt)

Diese Wörter bedeuten „richtig“ bzw. „wahr“ und werden in der Umgangssprache als Intensifikatoren verwendet, indem sie dem Adjektiv nachgestellt werden.

  • Énak betul ayam ini.
  • Film itu bagus benar.

habis (nachgestellt)

In der populären Umgangssprache kann auch habis, oder mit Ausfall des /h/, abis in einer verstärkenden Bedeutung verwendet werden, wobei es dem Adjektiv nachgestellt wird:

  • Dia cantik habis!

banget & pisan (nachgestellt)

Diese Wörter entstammen dem Javanischen bzw. dem Sundanesischen, zwei Sprachen, die großen Einfluß auf das Jakarta-Indonesische haben, so daß beide Ausdrücke Eingang in die populäre Umgangssprache der Bahasa Indonesia gefunden haben. Sie werden dem Adjektiv nachgestellt; wahrscheinlich ist das javanische banget verbreiteter als das sundanesische pisan.

  • Soalnya, gua malu banget ama temen-temen.
  • Mahal pisan!

Weitere Wendungen

Es folgen ein paar Kombinationen und zusammengesetzte Fügungen, die in der Regel eine weitere Intensivierung bewirken, d.h. die Bedeutung „extrem, äußerst“ annehmen.

Die Kombination tidak begitu bedeutet „nicht sehr“:

  • rumahnya tidak begitu besar.

Dann wäre einen Kombination aus amat und sangat zu nennen, die „extrem“ bedeutet und dem Adjektiv vorangestellt ist.

  • dia amat sangat kaya.

Die Kombination aus sangat und sekali wiederum bedeutet „äußerst“:

  • Tutorial ini sangat bagus sekali.

Eine umgangssprachliche Fügung, die dem Adjektiv nachgestellt wird, ist setengah mati „halbtot“:

  • Ketika sampai di rumah Nani terkenjut setengah mati.

Dann gibt es eine Reihe von Zusammensetzungen mit bukan und einem anderen Wort: bukan main, bukan kepalang und bukan buatan. Sie können dem Adjektiv entweder vorangehen oder ihm folgen, wobei dieses in der Regel mit -nya markiert sein muß, obwohl bei der Hintanstellung auch Fälle ohne -nya vorkommen. (Wie formal oder nicht formal diese Ausdrücke sind, entzieht sich leider meiner Kenntnis.)

  • Di belakang gedung fakultas kedokteran di Salemba ada sebuah rumah sakit yang bukan main besarnya.
  • Bukan kepalang beraninya dan cerdiknya.
  • Saya malu bukan buatan.

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Jakarta

März 3, 2008

Die Hauptstadt Indonesiens hatte im Verlauf ihrer Geschichte verschiedene Namen. Im folgenden ein kurzer Überblick.

Sunda Kelapa

Als ein wichtiger Hafen des hinduistischen Sunda-Königreichs, war der Ort bis ins 16. Jahrhundert unter diesem Namen bekannt. Die Bedeutung ist nicht ganz klar, zwar bedeutet kelapa auf indonesisch „Kokosnuß“, doch stammt der Name aus dem Sundanesischen und wurde in den alten Texten Kalapa geschrieben.

Jayakarta

Das Sunda-Königreich wurde 1527 von den muslimischen Truppen der javanischen Sultanate von Cirebon und Demak unter der Führung des Feldherrn Fatahillah eingenommen. Zu diesem Anlaß benannte er die Stadt in Jayakarta um, was wahlweise als „Stadt des Sieges“ oder „vollkommener Sieg“ übersetzt wird. (Während jaya unzweifelhaft „Sieg“ im Sanskrit bedeutet, ist -karta problematisch. Allerdings sind meine Kenntnisse des Sanskrit bei weitem zu bescheiden, um irgend etwas definitiv sagen zu können.) Nach Fatahillah ist übrigens der Tamam Fatahillah bennant, der Hauptplatz in der heutigen Altstadt.

Batavia

Keine hundert Jahre später standen die Niederländer in der Stadt, vertreten durch die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC). Diese gründete auf der anderen Seite des Flusses ihre Handelsniederlassung samt Kontor und Siedlung. Der damalige Generalgouverneur wollte diese Neugründung Nieuw-Hoorn nennen, nach seiner Heimatstadt, dem westfriesischen Hoorn, aber das Direktorium der VOC überstimmte ihn und verfügte 1619 die Benennung nach dem germanischen Stamm der Bataver, die seit dem 16. Jahrhundert als die mythischen Vorfahren der Niederländer angesehen wurden (das sind auch die Bataver, die im Jahre 70 n. Chr. nach dem Tod Neros gegen die römische Herrschaft aufbegehrten). Nach der Bezeichnung Batavia wiederum sind die Betawi benannt, die Einwohner Jakartas, deren Vorfahren schon seit dem 17. Jahrhundert dort ansässig gewesen sind. Diese stammten aus verschiedenen Gebieten Javas (Sundanesen und Javanesen), aber auch Balinesen, Malays und verschiedene chinesische Einwanderer gingen in das Betawi-Gemengelage ein. Obwohl heute eine Minderheit, haben die Betawi Spuren im Hauptstadtdialekt des Indonesischen hinterlassen, der entweder Bahasa Jakarta oder Bahasa Betawi genannt wird.

Jakarta

1942 wurde Jakarta von den Japanern besetzt und im Zuge der Enthollandisierungspolitik der Japaner wurde die Stadt flugs in Djakarta zurückbenannt (in der alten Rechtschreibung, erst seit der Rechtschreibreform 1972 Jakarta). Die offizielle Bezeichnung heutzutage lautet DKI Jakarta, die Abkürzung steht für Daérah Khusus Ibukota „Besonderer Hauptstadtdistrikt“.

(Quelle u.a.)