Einsilbige Wörter im Indonesischen

Mai 27, 2008

Das Indonesische gehört zur austronesischen Sprachfamilie, und in vielen Sprachen sind die Wortwurzeln zweisilbig, weswegen auch für das Proto-Austronesische in der Regel zweisilbige Formen angesetzt werden. Dabei können die Silben sowohl offen als auch geschlossen sein. Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß einsilbige Wörter aus dem ererbten Wortschatz extrem selten sein sollten. Ich habe mir mal den LDTI zur Hand genommen und alle einsilbigen Wörter aufgeschrieben. Es stellt sich heraus, daß die meisten einsilbigen Wörter entweder Lehnwörter sind, oder es sich um Interjektionen, Affixe oder Funktionswörter handelt, in einigen Fällen um verkürzte Formen oder Abkürzungen. Bei manchen Wörtern war mir nicht klar, ob diese Wörter tatsächlich aus dem Arabischen oder Chinesischen stammten, diese sind mit einem Fragezeichen gekennzeichnet.

Das LDTI hat 4.000 indonesische Einträge, wobei Wörter wie buang, cium, dia, mit einer Kombination aus Halbvokal und Vokal, die häufig in der heutigen gesprochenen Sprache einsilbig gesprochen werden, auf jeden Fall historisch als zweisilbige Wörter anzusehen sind und daher in der Liste nicht auftauchen. (Hinweis: zu einigen Themen werde ich später eigene Einträge schreiben. Bis ich dazu komme, werden die Verweise im durchgestrichenen Schrifttyp dargestellt.)

Interjektionen und Abtönungspartikel

ah, déh, dong, dor, éh, hah, -kah, kan, kok, -lah, lha, lho, nah, nih, sih, to, toh, tuh, wah, ya, yuk. S.a. Liste hier.

Affixe

-ku, -mu, -nya, se-

Anredeformen

Bu (=Ibu), Bung, Dik (=Adik), Kak (= Kakak), Mas, Mbak, Om/Oom, Pak (=Bapak). S.a. dieses Post, das die wichtigsten Anredeformen, ob ein- oder zweisilbig, im größeren Detail bespricht.

Funktionswörter

dan (Konjunktion), di (lokale Präposition), ke (direktionale Präposition), lu (Personalpronomen), pun (Fokusadverb?), sang (Honorifikmarker), si (Diminuitivmarker), sok (Adverb?)

Verkürzte Formen

’nak (< anak) „Kind“, nak (< hendak) „wollen“, ndak/tak (< tidak) „nicht“, außerdem wie oben erwähnt Bu, Pak, Dik, Kak

Akronyme

SIM: (Surat Izin Mengemudi) „Fahrerlaubnisschein“ = Führerschein

Lehnwörter aus dem

1. Arabischen

bab „Buchkapitel“, hak „Recht“, hal (?) „Angelegenheit“, jam „Stunde“, khas „typisch, charakteristisch“, zat (?) „Substanz (im chemischen und metaphysischen Sinn)“

2. Chinesischen

cap (?) „Marke, Stempel“, cat von Hokkien ts’at „Farbe“, mi „Nudeln“, téh von Hokkien te „Tee“

3. Niederländischen

bak „Badewanne (indonesischen Stils)“ von de bak „Kasten“, bir von het bier „Bier“, bis von bus „Bus“, és von het ijs „Eis(kreme)“, gang von de gang „Gasse“, gas von het gas „Gas“, jas von de jas „Jacke“, kos von de kost „Untermiete“, lés von de les „private Unterrichtsstunden“, nol von de nul „Null“, Om/Oom von de oom „Onkel“, pas von pas „exakt, passend“, pérs von pers (mit fürs Niederländische charakteristischer Metathese) „Presse“, ras von het ras „Rasse“, tas von de tas „Tasche“.

4. Englischen

bom „Bombe“, cék „Scheck, checken“, film „Film“, gang/geng „Gang“, grup „Gruppe“, klab „Club“, séks „Sex“, truk „LKW“

5. Niederländischen oder Englischen

rak „Regal“ (N rak, oder E rack), sén „Cent“ (N oder E cent), sop „Suppe“ (N soep, oder E soup), ton „Tonne“ (N ton oder E ton)


Die Zahlen von eins bis zehn

April 7, 2008

Eine kleine Anekdote, wie ich mir die Zahlen von eins bis zehn gemerkt habe:

  1. satu
  2. dua
  3. tiga
  4. empat
  5. lima
  6. enam
  7. tujuh
  8. delapan
  9. sembilan
  10. sepuluh

Ich hatte vor allem Probleme mit 7, 8, und 9, vor allem die letzten beiden habe ich immer verwechselt. Also habe ich die folgenden Eselsbrücken gefunden:

  • bei 7 war mir nicht klar, ob tujuh oder jutuh. La semaine toujours a sept jours. Die Woche hat immer sieben Tage.
  • 8 und 9: der neunte Monat ist der September, und fängt genauso mit s an wie sembilan.

Und schließlich hier ein kurzer Vergleich mit anderen austronesischen Sprachen, zunächst der Nachbarsprache Tagalog:

  1. isa
  2. dalawa
  3. tatlo
  4. apat
  5. lima
  6. anim
  7. pito
  8. walo
  9. siyam
  10. sampu

Bei dem Wörtern für 7 und 8 fällt auf, daß Abweichungen bestehen. Vielleicht auch bei 3. Bei dem Wort für 1 könnte es sich bei dem Indonesischen um ein ehemals komplexes Wort handeln, so daß sa-/se- dem Tagalog-Wort isa entsprechen würde. Zum Vergleich jetzt eine Sprache, viel weiter entfernt, wenn auch aus der gleichen Sprachfamilie, Samoanisch:

  1. tasi
  2. lua
  3. tolu
  4. fā
  5. lima
  6. ono
  7. fitu
  8. valu
  9. iva
  10. sefulu

Wiederum ist es schwierig, für 1 etwas Definitives zu sagen, doch können wir erkennen, daß zwischen den Wörtern für 7 und 8 eine Verbindung zwischen Tagalog und Samoanisch besteht und daher Indonesisch eine Innovation hier aufweist. Auch wichtig zu vermerken, daß im Samoanischen alle finalen Konsonanten ausfallen (z.B. ist Fisch im Samoanischen i’a, was dem indonesischen ikan entspricht, im Samoanischen wird intervokalisches /k/ zu /’/.


Java

April 5, 2008

Ich habe mich früher immer gefragt, warum die Japaner zu der indonesischen Insel nicht Java sondern Jawa (ジャワ) sagen… Erst als ich anfing, Indonesisch zu lernen, ging mir auf, daß es sich tatsächlich um [w] handelt und nicht um [v]. Die englische und auch deutsche Aussprache ist also von der Originalaussprache entfernt, während die japanische dem ganzen ziemlich nahe kommt.

Es bleibt noch der Hinweis, daß im Japanischen [v] nur in Fremdwörtern verwendet wird, und das erst seit der Nachkriegszeit, vorher wurde ein [v] abgewandelt, wie z.B. bideo von Video. Dies zeigt sich bei dem japanischen Wort für Kartoffe, das auf japanisch wörtlich „Java-Rübe“ bedeutet (da die Kartoffeln über den Handel mit den Niederländern nach Japan kamen): jaga-imo. Der chinesische Name von Java lautet übrigens 爪哇 zhao3wa1.

Der Ursprung des Namens selbst ist unklar. Im Wikipedia-Artikel über Java werden die folgenden Thesen genannt:

  • jáwa-wut-Pflanze, die reichlich auf der Insel vorgekommen sein soll.
  • jaú (auf indonesisch jauh), was „jenseits, fern“ bedeutet.
  • im Sanskrit heißt yava „Gerste“, eine Pflanze, für die Insel berühmt war.
  • java kommt von einem proto-austronesischen Wort, das „Heimat“ bedeutet.

Schach

März 31, 2008

Dieser Eintrag wurde durch die beiden Einträge auf Bradshaw of the Future zu den Ursprüngen der Wörter Schach und Schachmatt inspiriert.

Der Name des Spiels

Auf indonesisch heißt das Spiel catur, was im Sanskrit „vier“ bedeutet. Laut indonesischsprachiger Wikipedia kommt es von caturangga, was „vier Ecken“ bedeuten soll. Allerdings sagt die englische Wikipedia, daß das Spiel zwar Chaturanga hieß, aber der Name ursprünglich von Chatur-anga-bala herrühren soll, welches „eine Armee bestehend aus vier Teilen“ bedeute. Dies wurde ins Persische übernommen als shatranj, welches der Ursprung für diverse Bezeichnungen für das Spiel in verschiedenen Sprachen wie dem Englischen chess darstellt. (Das deutsche Schach rührt vom persischen Shah „König“ und wird weiter unten behandelt.) Im Indonesischen kann caturangga heute „Schachbrett“ bezeichnen.

Schachbrett und Figuren

  • papan catur oder caturangga: Schachbrett
  • lajur/baris: Reihe/Linie: das Wörterbuch (KII) gibt für jedes Wort jeweils „row, line“ an, das ist natürlich ein wenig verwirrend, was jetzt was ist….
  • bidak: Figur
  • pion: (aus dem Niederländischen) Bauer
  • bénténg: (wörtlich „Festung“) Turm
  • kuda: (wörtl. „Pferd“) Springer
  • gajah: (wörtl. „Elephant“, aus dem Sanskrit) Läufer.
  • menteri: (wörtl. „Minister“, aus dem Sanskrit) Dame; auch ratu „Königin“ ist gebräuchlich.
  • raja: (aus dem Sanskrit) König

Schachmatt und andere Spielsituationen

  • ancam raja sekak: dies scheint die Fügung zu sein, die „dem König Schach bieten“ (bzw. ancam „drohen“) bedeutet. 100%ig klar ist es leider nicht.
  • sekak mat: Schachmatt, der Lautung zu urteilen eher eine Entlehnung aus dem Niederländischen Schaakmat als aus dem Arabischen oder Persischen. Übrigens bedeutet „Schachmatt“ nicht „der König ist tot“, lediglich „der König weiß nicht mehr weiter“. Zwar bedeutet mata im Arabischen „tot“, aber zwischen den beiden Wörtern besteht kein Zusammenhang. Auch nicht zum indonesischen mati „tot“, welches vom Proto-Austronesischen maCay herrührt. Mehr zur Etymologie des Wortes hier.
  • seri: Unentschieden, speziell für Schach ist auch remis gebräuchlich. Ob für Patt tatsächlich (keadaan) pat gebräuchlich ist, ist schwierig zu sagen, da die einzigen Ergebnisse auf Wikipedia verweisen.

Zuguterletzt noch ein Buchtitel: Bidak-bidak di papan catur iblis „Figuren auf Satans Schachbrett“ ist der indonesische Titel des Buches Pawns in the game, vom kanadischen Verschwörtungstheoretiker William Guy Carr.